Es geht auch anders - Götz Werner und Wolfgang Grupp

Götz Werner, Gründer der Drogeriemarktkette dm, kritisiert den ständig steigenden Konsum und sieht ihn nicht unbedingt als zwangsläufige Vorstufe zum unternehmerischen Erfolg. Das Wecken von Konsuminteressen, die eigentlich gar keine Bedürfnisbasis haben, lehnt er ab. Er setzt sich für seine Mitarbeiter und die Umwelt ein. Seine Maxime? "Der Kaufimpuls sollte [...] vom Bedarf des Menschen ausgelöst werden und nicht durch Lockvogelangebote."* Aus diesem Grund hat dm seit fast zwei Jahrzehnten keine wöchentlichen Sonderangebote mehr, sondern setzt auf Dauerpreise. "Kunden sollen [...] Produkte, die sie benötigen, zu dem Zeitpunkt kaufen, zu dem sie diese auch brauchen."* Klingt logisch und kommt bei dm-Kunden bestens an. Selbstverständlich wird auch bei dm nicht alles 'heile Welt' sein und es wird weiterhin Optimierungsspielraum geben, aber darum sollte es (noch) gar nicht gehen (ich verweise in diesem Zusammenhang auf meinen älteren Blogartikel zum Thema 'Ganz oder gar nicht'). Zunächst einmal geht es um das Umdenken in den Köpfen. Dieses ist wohl auch Wolfgang Grupp gelungen. Er ist Chef der Bekleidungsfirma Trigema, deren sprechender 'Werbeaffe' ("Hallo Fans, [...] ich kaufe nur Trigema-Produkte und sichere [damit deutsche] Arbeitsplätze.") häufig vor der Tagesschau zu sehen und deutschlandweit bekannt ist. Der Trigema-Leitgedanke lautet 'made in Germany' und es funktioniert. Ohne verstaubte Fabriken in Fernost und Hungerlöhne, ohne giftige Chemikalien und - ohne überteuerte Produkte. Ich selbst besitze mehrere Trigema-Pullover und habe nie mehr als 40€ dafür bezahlen müssen. Ein vergleichbares Produkt 'made in China' ist auch nicht wesentlich günstiger; je nachdem, welches Markenlogo aufgenäht wurde, sogar im Gegenteil. Die Trigema-Baumwolle ist zertifiziert und stammt von europäischen und westasiatischen Familienbetrieben, deren Besitzer Herr Grupp persönlich kennt. Mit schwäbischer Eifrigkeit führt er seinen Familienbetrieb sicher durch die Krisen der Zeit und entscheidet nicht immer gewinnmaximierend. Die Unternehmensform hat er demonstrativ so gewählt, dass er mit seinem Privatvermögen haftet, um die Verantwortung der Unternehmensführer herauszustellen. Ein Riesengeschäft mit einer Discountkette hat er abgelehnt, weil die firmenspezifischen Ideale dann nicht mehr hätten geachtet werden können. Herr Grupp mag als Charakter gewöhnungsbedürftig sein, als Geschäftsmann ist er vorbildlich, da es ihm gelingt, den Grundgedanken 'Qualität vor Quantität' konsequent umzusetzen. Ergänzend sei erwähnt, dass sowohl Götz Werner als auch Wolfgang Grupp sehr politische Menschen sind. Werner hat bspw. Ideen zu einem Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) vorgelegt und ausgerechnet (eine brillante Kurzfassung dazu gibt's bei Wikipedia: Das 'Götz-Werner-Modell'), Grupp diskutiert regelmäßig mit hochrangigen Politikern und Entscheidungsträgern in diversen Talksendungen (einen guten Überblick über seine Ansichten verschafft das YouTube-Video 'Wachstum mit Verantwortung'). Ich möchte keine Schleichwerbung für dm oder Trigema machen, sondern darauf hinweisen, dass ein so genannter Wirtschaftsboss nicht gezwungenermaßen kaltblütig und ausschließlich kapitalorientiert denken muss. Ich wünsche mir jedenfalls mehr Visionäre an den Unternehmensspitzen, bei denen soziale Verantwortung nicht als lästiger Tagesordnungspunkt wegdiskutiert, sondern als ernstzunehmende Aufgabe mit besonderer Berücksichtigung kommender Generationen tagtäglich gelebt wird. Ein Bravo an Götz Werner und Wolfgang Grupp! Bitte mehr davon!

*Zitate aus dem aktuellen dm-Kundenmagazin 'alverde 12/2012'