Was haben Daniela Katzenberger, Harald Glööckler und Kai Ebel gemeinsam? Sie alle sind Personen des öffentlichen Lebens und der Boulevardpresse. Aber sie sind noch viel mehr: Buchautoren. Damit stehen sie in einer Reihe mit Böll, Goethe, Grass und Hesse. Oder vielleicht doch nicht?
Gehen wir einmal davon aus, "die Katze", der "King of Pompöös" und "Mr. Boxengasse" haben ihre Bücher weitgehend selbst geschrieben. Inhaltlich sind sie unterhaltsam, teilweise oberflächlich, aber vor allem sind sie eines: Reich bebildert. Damit handelt es sich eigentlich um Boulevardzeitungen in Buchform. Darf man diese Bücher trotzdem als solche bezeichnen?
"Wieso nicht?" wäre mein erster Impuls, allerdings frage ich mich, ob unsere Kinder- und Enkelgeneration noch eine Unterscheidung treffen können wird, wenn es irgendwann darum geht, große Buchautoren zu benennen. Werden meine Enkel noch wissen, dass "Billard um halb zehn" kein Plan für den nächsten Morgen ist, "Faust" nicht hauptsächlich zum Schlagen benutzt werden sollte, "die Blechtrommel" in erster Linie nicht als Musikinstrument bekannt ist und es "das Glasperlenspiel" eben nicht für die Nintendo Wii gibt?
Nun habe ich nichts gegen 'Bücher' à la Ebel oder Katzenberger, ich störe mich nur etwas an ihrer Einordnung als "Buch". Denn wo zieht man da die Grenze? Ist ein Bildband mit Nacktfotos auch ein Buch? Dann wäre Helmut Newton ein Autor. Hätte er diesen Titel mit seiner Fotografie nicht eher verdient als Herr Glööckler mit seiner Lebensphilosophie? Von dieser 'Gattung', nennen wir sie 'Boulevardbücher', einmal abgesehen, finde ich es ohnehin erstaunlich, wer heute alles meint, ein Buch schreiben zu müssen (allerdings immer noch weniger als die, die meinen, einen Blog schreiben zu müssen... [Selbstironie Ende]). Junge Künstler, gerade volljährig geworden, verfassen ihre 'Memoiren' und jeder halbwegs bekannte B-Promi meint, sein persönliches Schicksal interessiere gleich die gesamte Nation. Das Schlimme daran: Sie haben Recht, schenkt man den Bestsellerlisten Glauben. Damit wären wir beim nächsten Thema.
Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass Bestsellerplätze 'erkauft' werden können, z. B. auf sogenannten Präsentationsständern in großen Buchhandlungen. Und da der Mensch von Natur aus faul ist, greift er natürlich lieber in die offene Präsi-Pappbox als sich die Mühe zu machen, in einem Bücherstapel herumzuwühlen. So werden Verkaufszahlen 'gemacht' und je bunter oder schockierender das Buchcover, desto größer die Chance auf den schnellen (Ver-)Kauf zwischendurch. Wer gar keine Zeit hat, greift lieber gleich zum Hörbuch. Eine Entwicklung, die nur zu gut in die heutige Zeit passt. "Mich interessiert das Buch, aber ich habe keine Zeit, es zu lesen. Also höre ich es im Auto, bei der Hausarbeit, auf dem Weg zum Büro." Damit verkommt Literatur zum Konsumgut und das Lesen zur Berieselung.
Doch was bringt mir der ganze Verdruss? Ändern können wird man diese Entwicklungen nicht oder nur mit großem Aufwand. So bleibt mir nichts als die alte Weisheit: "Da steh' ich nun, ich armer Thor, und bin so klug als wie zuvor." Wer sich nun fragt, ob das ein Paris-Hilton- oder ein Tatjana-Gsell-Zitat sei, dem empfehle ich dringend den Gang in eine Bibliothek (die Suche unter 'Goe' könnte erfolgreich sein...). Doch dank Kindle und anderen Spielereien ist wohl auch deren Lebenszeit bald abgelaufen. Ich bin gespannt, ob meine Enkel sie noch kennen werden. Vielleicht werde ich auch im Ohrensessel sitzen und erklären müssen, dass es eine Zeit gab, in der man Papierseiten umblättern musste, um weiterzulesen und in der Tim Mälzer oder Lady Gaga (ja, auch sie hat bereits ein 'Buch' geschrieben) noch nicht zur Schullektüre gehörten. Ich finde diese Vorstellung gruselig.
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