Das Privatfernsehen darf ruhig etwas 'flacher' sein als die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten. Für viele Menschen ist es willkommene Berieselung nach einem harten Arbeitstag. Doch auch diese Freiheit hat Grenzen, nämlich die des guten Geschmacks.
So schaute ich am vergangenen Freitag Abend eine Ausgabe des wiederaufgerollten Formats 'Familien-Duell' auf RTL. Moderator Daniel Hartwich meinte sinngemäß zu Sonja Zietlow, die als Kandidatin auftrat (und mit der er gemeinsam das 'Dschungelcamp' moderiert hatte), die Melonen (die sich sonst an ihrer Kleidung befinden) habe sie diesmal zu Hause gelassen; aber es käme ja noch Sophia Wollersheim (die Frau eines 'Rotlichtkönigs'), womit dann die echten Melonen das Studio beträten.
"Gähhhn, aus der Pubertät bin ich eigentlich raus", dachte ich bei mir, war aber bereits vorgewarnt, was das restliche Niveau der Sendung angehen sollte. Leider behielt ich Recht. Wenig später wurde die Frage gestellt, was man in den Mund nehme, ohne es zu schlucken (hahaha, die Witzkanonen von RTL), welche offenbar als Steilvorlage gedacht war, die Sonja Zietlow dankend annahm. Als Hartwich dann auch noch die Wörter 'Penis', 'Pimmel' und 'Schwanz' anführte, war es endgültig vorbei. Ich bin nicht spießig, aber sich wie Kindergartenkinder über obszöne Begriffe zu bekringeln...? Ich glaube, so infantil ist selbst das RTL-Publikum nicht.
Doch solche Niveaulosigkeiten sind offenbar kein reines RTL-'Problem'. Auf Sat.1 lief zeitgleich die Sendung 'Mein Mann kann'. In dieser geht es darum, dass Frauen ihre Männer in Bezug auf deren Leistungsfähigkeit richtig einschätzen sollen - ein Konzept, das an sich schon sehr fragwürdig ist, dient es doch dazu, dem Klischee folgend Leistung mit Männlichkeit zu assoziieren ("was ist mein Mann für ein toller Hecht"), um letzten Endes das 'Alphatier' zum Sieger zu küren... *augenroll*
Aber darum soll es jetzt gar nicht gehen. In der konkreten Sendung ging es unter 'fachmännischer' Anleitung von Spaßvogel und 'Allzweckwaffe' Oliver Pocher darum, sich Tackernadeln in die Haut zu schießen und den Schmerz auszuhalten (was sind die Kandidaten doch männlich...). Jedoch war das noch längst nicht alles: Zur Krönung des schlechten Geschmacks musste 'Ballermann-König' Jürgen Drews hinhalten, im Wortsinn, nämlich seinen nackten Hintern. Seine Frau Ramona versenkte - spärlich bekleidet - unter dem Johlen des Publikums einige Tackernadeln im Gesäß ihres Mannes, der diese Aktion mit einigen 'Gags' zu untermalen suchte.
Das Niveau? War an diesem Abend wohl kein gern gesehener Gast! Mir fiel Marcel Reich-Ranicki ein, der einmal über Charlotte Roches Buch 'Feuchtgebiete' gesagt hat: "Das ist kein schlechter Stil, das ist gar kein Stil." In diesem Sinne empfehle ich als Film zum Thema unbedingt 'Free Rainer - Dein Fernseher lügt' (siehe auch hier) und hoffe, dass auch Sie, liebe Leser, das Fernsehgerät bewusster nutzen. Gerne als seichte Unterhaltung, aber bitte mit einem letzten Rest Würde und Anstand.
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