'Cloud Atlas' - Don't believe the hype!

Was wurde im Voraus über diesen Film berichtet! Werbekampagnen, Filmvorschauen mit Überlänge und als Krönung der Besuch der beiden Hauptdarsteller Tom Hanks und Halle Berry bei 'Wetten, dass..?'. "Völlig neu", "bisher nie dagewesen" und "filmischer Epos" sind nur einige der Lobeshymnen, die dieser Film als Vorschusslorbeeren genießen durfte. Vor einigen Tagen war es soweit: Ich sah den Streifen mit meinen besten Freunden im Kino. Das Positive zuerst: Ich war mit meinen besten Freunden im Kino. Jetzt das Negative: Fast drei Stunden scheinbar nie enden wollende Weltverbesserung à la Hollywood. "Wie, Weltverbesserung ist doch Dein Thema?", höre ich meine Kritiker fragen.

Ich antworte mit einem Zitat aus Studienzeiten: Es lautet "the medium is the message" und stammt von Marshall McLuhan. Sehr frei übersetzt bedeutet es: 'Egal, was Du zu sagen hast, sieh gut dabei aus und man wird Dir Aufmerksamkeit schenken.' Überträgt man diese Weisheit auf den Film 'Cloud Atlas', so wundert es nicht, dass die Besucher im Kino mit überwältigten 'Ahhhs' und 'Ohhhs' auf das bildgewaltige Spektakel reagiert haben. Doch beginnen wir vorne! Die zentralen Aussagen des Films sind allesamt nicht neu: Alles hängt zusammen, Geld regiert die Welt, Ruhm und Macht verderben den Menschen, Atomkraft ist schlecht, Gentechnik auch, Sklaverei sowieso, von den schlechten Zuständen in Altenheimen ganz zu schweigen, doch Liebe und Vertrauen trösten und halten schließlich alles zusammen. Alles alte Hüte? Ja. Alles unmodern? Vielleicht. Denn es handelt sich eigentlich um Wahrheiten, die man nicht vergessen sollte. Predigt man diese allerdings an politischen Infoständen, wollen die Leute nichts davon wissen und kehren einem uninteressiert den Rücken zu. "Möchten Sie ein Flugblatt zum Thema 'Gen-Technik in Lebensmitteln'?" "Nee, das ist mir zuviel zum Lesen." Transportiert man all das hingegen in abendfüllende Unterhaltung, reichert diese mit perfekten Computeranimationen sowie genialen Masken an und lässt es schließlich aus dem Munde eines Tom Hanks kommen ("the medium is the message"), wird es plötzlich zu "DEN Botschaften des Zeitgeistes", wie ich eine gute Freundin sagen hörte. Damit erreicht der Film auf einer Metaebene eigentlich genau das, was er subliminal anprangert. Werden uralte Weisheiten (so wahr sie auch sind) plötzlich zum Zeitgeist, nur weil man sie bunt bebildert und dabei Popcorn und Cola verzehren kann? Sind Missstände nur dann diskutierbar, wenn man sie aufbauscht und als cineastisches 'Meisterwerk' (aus)verkauft? Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass man einen Kinofilm wieder vergessen kann, sobald man das Kino verlässt: "Ja, es stimmt, es gibt Ungerechtigkeiten und Werteverfall in der Welt. Wollen wir noch was trinken gehen und den Abend genießen?" Es sei noch erwähnt, dass man u. a. damit warb, mit 'Cloud Atlas' die teuerste Filmproduktion Deutschlands realisiert zu haben. Wenn der Film und seine Macher ihre Botschaft ernst nehmen würden, wäre mindestens die Hälfte der Einnahmen (und vielleicht auch der Produktionskosten) in Hilfs- oder Aufklärungsprojekte geflossen. Wieso ich so heftig reagiere? Ich gebe es offen und ehrlich zu: Ich bin neidisch, dass dieser Film soviel Aufmerksamkeit bekommt, während wir bei unseren politischen Stammtischen meistens unter uns bleiben, weil niemand etwas von den Problemen und den übergeordneten Zusammenhängen der Welt wissen will. Dabei sind die zentralen Aussagen identisch! Vielleicht legen wir zusammen und drucken Hugh Grant auf unser nächstes Wahlplakat, gemäß der Logik McLuhans hätten wir damit zumindest die Stimmen der weiblichen Wähler sicher. So bleibt die Erkenntnis, dass Menschen offenbar nur dann für ernstere Themen empfänglich sind, wenn man sie auf lustige Weise damit unterhält, sie also einen persönlichen Nutzen daraus ziehen können. Nach diesem Prinzip funktionieren übrigens auch viele Spendenaktionen: 'Spenden Sie Geld und Sie erhalten eine bedrohte Papageienart als witziges Plüschtier für die Kleinen, auf Knopfdruck sagt es sogar "Hilfe, ich bin bedroht!"' Wie niedlich! Was sind da schon 10€? Als Erinnerung an 'Cloud Atlas' bleibt nur ein langweiliger Kinoabend (ebenfalls 10€...) und die Enttäuschung über ein Zuviel an gestelztem, weil unehrlichem Pathos, der als moralischer Zeigefinger leider viel zu offensichtlich immer wieder aus der Leinwand herausbrach. Wichtige und ernste Themen brauchen Zeit. Vor allem aber sind sie zu wichtig und zu ernst, um sie mit kitschigen Herz-Schmerz-Klischees zu vermischen oder sie zwischen hohlen Phrasen und großen Namen untergehen zu lassen. Mit ihnen Kasse machen? Das funktioniert vielleicht im Privatfernsehen, aber bitte nicht im Kino! Don't believe the hype!

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