So pauschal kann man das aber nicht sagen...

Kennen Sie diesen Satz? Er taucht immer dann auf, wenn politisch Unkorrektes gegen eine Minderheit geäußert wurde. Er ist grundsätzlich richtig; die wenigsten Sachverhalte können 'einfach so' verallgemeinert werden. Es gibt weder 'DIE Jugend von heute' noch 'DIE Kriminellen' und schon gar nicht 'DIE Migranten'. Soweit richtig. Was es allerdings zu geben scheint - und zwar nicht erst seit heute - ist 'DIE Katholische Kirche'...

Merkwürdigerweise stelle ich gerade bei jenen Menschen, die sich für besonders tolerant und politisch korrekt halten, fest, dass sie es sind, die am wenigsten Probleme damit haben, völlig unreflektiert in das gesellschaftlich modern gewordene 'Kirchen-Bashing' einzustimmen: "Was DIE KIRCHE sich da mal wieder geleistet hat! Wenn DIE KIRCHE so weitermacht, darf man sich nicht wundern, dass immer mehr Leute austreten!" Sätze wie diese bekomme ich nicht selten zu hören.

Neulich hörte ich im Radio eine Meldung über eine Messerstecherei. Hintergrund waren Streitigkeiten zweier rivalisierender Straßengangs, beide aus dem osteuropäischen Milieu. Am nächsten Tag diskutierte ich mit meinen Freunden in fröhlicher Runde über aktuelle politische Themen. Dabei sagte ich eher beiläufig: "Ich habe den Eindruck, dass sich Bandenkriminalität häufig unter Osteuropäern abspielt." Was dann folgte, war das übliche Schema: "Aber das kannst Du doch bitte nicht verallgemeinern, es gibt auch deutsche Kriminelle." Dabei hatte ich genau das mit keinem Wort in Abrede gestellt...

Wenig später im Gespräch ging es auch um die Krise der Kirche. Alle Entrüstung schien gewichen, denn es folgte ein sprichwörtliches Donnerwetter gegen DIE Priester und DIE Kardinäle und DIE DA in Rom. "Wenn Ihr Eure eigenen Maßstäbe doch auch dort gelten lassen würdet", dachte ich bei mir und fragte mich einmal mehr, wie gehirngewaschen selbst schlaue Leute heutzutage eigentlich sind. Doch die Kernfrage, die ich mir stellte, war eine andere: 'Wieso gibt es diese Ungleichbehandlung zu Ungunsten des eigenen Glaubens (im eigenen Land)? Wieso darf man öffentlich "DIE KIRCHE" durch den Dreck ziehen, während man fast gesteinigt wird, wenn man einmal versehentlich von "DEN MIGRANTEN" spricht?' Verallgemeinerungen sind hier wie dort falsch. Der Unterschied liegt einzig darin, wie man gesellschaftlich damit umgeht.

Es ist das Phänomen 'Mainstream'. Eine ernsthafte und differenzierte Auseinandersetzung mit einem Thema scheint nicht mehr gewünscht zu sein. Die 'richtige' Meinung ist längst vorgegeben. Das Problem: Sie schadet nicht nur den Menschen, die diskutieren und Probleme benennen wollen, sondern auch jenen, über die eigentlich fair und vorurteilsfrei gesprochen werden sollte. Je mehr ein Problem verschwiegen wird, desto größer wird der Groll der Bevölkerung. Dass radikale Kräfte dadurch an Boden gewinnen, liegt auf der Hand. Nebenbei bemerkt findet auch hier eine unausgewogene Berichterstattung statt: Es wird nur zu gerne über 'DIE Rechten' berichtet; dabei werden viele unterschiedliche Gruppierungen (z. B. verfassungsfeindliche und verfassungstreue) in einen Topf geworfen. Über 'DIE Islamisten' zu sprechen, gilt hingegen als unkorrekt, denn es handelt sich "um eine sehr heterogene Gruppe von Radikalisierten".

Doch zurück zur Kirche: Wer gegen DIE Kirche wettert, ist am Zahn der Zeit, 'up to date' und scheint auch irgendwie den Sprung in das 21. Jahrhundert geschafft zu haben. Leider vergessen solche 'Nörgler', dass es DIE Katholische Kirche gar nicht gibt. Genau wie DIE Migranten in Deutschland besteht auch DIE Katholische Kirche aus Millionen von Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Hier wie dort gibt es positive und negative Entwicklungen. Doch während auf der einen Seite Friedfertigkeit, Jugendarbeit, Seelsorge und andere Großtaten 'an der Basis' ignoriert werden, werden auf der anderen Seite eher unbedeutende Errungenschaften gelungener Integration gefeiert wie eine neue Religion. Ich möchte weder das Eine noch das Andere bewerten, stelle aber doch die Frage der Verhältnismäßigkeit.

Ist es wirklich ein Zeichen für gelungene Integration, wenn einmal im Jahr ein gemeinsames Fastenbrechen gefeiert wird? Ist es wirklich ein Zeichen für eine Krise der Kirche, wenn sie in einigen wenigen Punkten ewig gestrig bleibt? Ich kann diese Fragen nicht hinreichend beantworten. Fest steht: Genau so wenig wie jeder Migrant ein Krimineller ist, ist jeder Priester ein Kinderschänder. Das Vorurteil, das im ersten Fall (zurecht) als unkorrekt betrachtet wird, ist im zweiten Fall gesellschaftlicher und medialer Konsens. Was bleibt, ist ein Gefühl der Ungerechtigkeit.

Als neutraler Beobachter halte ich fest: Wenn einzelne Migrantengruppen Jugendliche überfallen und eine Zeitung sich im Ton vergreift - teilweise reicht es schon aus, nur zu benennen, dass es sich um Täter mit Migrationshintergrund handelt -, dann ist es ein Fauxpas erster Güte. Wenn katholische Priester Kinder missbrauchen, wird von heute auf morgen gleich in jedem Mann Gottes ein Täter gesehen, DIE Kirche hat ein Imageproblem und wird als Ganzes öffentlich an den Pranger gestellt. So läuft das seit Jahren. Und zwar quer durch alle Medien.

"So pauschal kann man das aber nicht sagen..."? Wie auch immer. Fair ist es nicht.

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