Nicht nur in der Politik gibt es den Eindruck, dass "die da oben" lieber unter sich bleiben wollen. Auch bei Behörden und in der Juristerei drängt sich ab und zu dieser Eindruck auf. Schuld ist nicht selten die komplizierte Sprache. Oder könnten Sie spontan erklären, was man unter 'Aufstellspuren', 'Lichtzeichenanlagen' oder 'raumübergreifendem Großgrün' versteht?
Falls Sie damit keine Probleme haben (die letzten beiden Begriffe bezeichnen nichts anderes als Ampeln und Bäume...), können Sie vielleicht auch noch erläutern, was 'Aufstellungsbeschlüsse, Andienungen, Ansiedlungsvorhaben, Erweiterungsflächen, marktverträgliche Einzelhandelsbetriebe oder Nutzungsschwerpunkte' sein sollen. All diese Begriffe fand ich neulich in einigen Zeitungsartikeln über diverse Bauvorhaben in unserer Region. Doch damit nicht genug. Auch von 'beampelten Zu- und Ausfahrten, Dreiecks- und Mittelinseln, Fahrbeziehungen, Haltestreifen, Modulen, Nebenanlagen, Rückstauräumen und Signalisierungen durch signalisierte Kreuzungen' war die Rede.
Dass eine Verkehrsbeziehung nicht durch einen Flirt an der Ampel entsteht und schon gar nichts mit zwischenmenschlichen Sexualaktivitäten zu tun hat, wurde mir zwar irgendwann klar, aber der "nicht gestaltete Platz" ließ mir dann doch keine Ruhe, beschreibt er doch nichts weiter als einen Platz, der nicht gestaltet ist. Verstehen Sie nicht? OK, versuchen wir es anders: Ein nicht gestalteter Platz ist ein Platz. Punkt. Jetzt verstanden? Dass dieser nicht gestaltet ist, ist m. E. überflüssig zu erwähnen. Wenn ich mein Auto beschreibe, sage ich ja auch nicht, dass es nicht fliegen kann (ein 'nicht fliegendes Auto'... :-))) ), sondern zähle nur die Dinge auf, die positiv darauf zutreffen, also bejaht werden können. Was spricht denn dagegen, einen Platz 'Platz' zu nennen und ihn erst dann mit weiteren Wortungetümen zu versehen, wenn er GESTALTET ist, z. B. als 'Markt-Platz', 'Park-Platz' oder meinetwegen auch als 'Einkaufswagenabstell-Platz'...
Ein anderes Wort, über das ich eine Weile nachdenken musste, war der 'Verkehrsabfluss'. Nein, das ist keine andere Bezeichnung für einen Gully (offiziell: 'Regenwassereinlauf im Straßenbau'), sondern meint das Auflösen ("Abfließen") des Verkehrs, also das Abfahren der Autos, genauer: Die Auflösung eines Staus oder höheren Verkehrsaufkommens in eine bestimmte Richtung... Immer noch nicht klar? Macht nichts, vermutlich werden Sie diesem Wort ohnehin nie wieder begegnen.
Allerdings muss ich die Beamten etwas in Schutz nehmen, immerhin sind sie nicht das einzige 'Völkchen', das mit seltsamen Begriffen herumhantiert. Auch Meteorologen scheinen ein Händchen dafür zu haben, einfache Sachverhalte in ihrer ganz eigenen Sprache zu formulieren. Auf 'wetter.com' heißt Regen nämlich nicht nur 'Regen', sondern "konvektiver Niederschlag in flüssiger Form". Auch ein Gewitter ist dort kein simples Gewitter, sondern "elektrische Entladung mittels Blitz und Donner". Ob es da noch etwas hilft, dass der Gesetzgeber ab und zu einschreitet und das längste deutsche Wort ('Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz' - als Kürzel: 'RflEttÜAÜG') jüngst abgeschafft wurde, ist fraglich.
Aber genug für heute, ich werde langsam hungrig. Was ich wohl esse? Eine Vollkornteigwarenscheibe mit Pflanzenmargarinenaufstrich, schnittfester Milcherzeugnisauflage, Tomatenmarksaucenzugabe und gehackter Allium-schoenoprasum-Ergänzung? Oder vielleicht doch lieber ein Käsebrot mit Ketchup und Schnittlauch...?
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