"Was hältst Du denn von Fairtrade-Produkten?" - "Finde ich grundsätzlich gut, kann ich mir aber eigentlich gar nicht leisten." ... Sprach er und tippte auf seinem iPhone herum.
Wer das Paradox dieses Wortwechsels nicht auf den ersten Blick versteht, sei dazu angehalten, das eigene Konsumverhalten kritisch zu hinterfragen - wie immer OHNE erhobenen Zeigefinger, dafür MIT einer gesunden Portion Aufgeschlossenheit, die etablierten Gewohnheiten in Frage zu stellen.
Nicht selten begegne ich an Infoständen Menschen, die sich über mangelnden Wohlstand oder die Verteuerung der Konsumgüter beklagen. Nicht selten sind es aber gerade jene Menschen, die Markenklamotten oder teure Elektronik mit sich herumtragen. Für mich ist es in solchen Fällen immer schwierig, die Gratwanderung zwischen Höflichkeit und einem gesunden Arschtritt zu meistern. Aber es ist leider bittere Realität. "Den ganzen Kram aus fairem Handel kann doch keiner bezahlen. Ich muss auch gucken, wo ich bleibe." Solche und ähnliche Sätze kenne ich nur zu gut (in einem der vorherigen Artikel berichtete ich bereits über einen Mann, der - in Camp-David-Klamotten gehüllt - darüber klagte, sich nichts mehr leisten zu können).
Doch bleiben wir bei der Kaufkraft als solcher und lassen Hartz-IV-Empfänger mal außen vor (ob zurecht oder nicht, sei jetzt mal dahingestellt). Ich behaupte, jeder(!) Deutsche ist in der Lage, durch Konsumverzicht ab und zu ein Produkt aus Fairem Handel zu kaufen. Das muss nicht der gesamte Wocheneinkauf sein, es reicht bereits ein Produkt pro Einkauf (wären - grob geschätzt - ca. 10.000.000 Fairtrade-Produkte pro Tag allein in der BRD). Aber selbst dazu sind viele Konsumenten zu geizig. Es wird darauf gepocht, dass man ja schließlich gearbeitet habe für sein Geld und sich auch mal etwas leisten wolle - durchaus nachvollziehbar. Übertragen auf Fairtrade-Produkte wirft das aber die Frage auf, ob uns eine Nuss-Nougat-Creme aus Fairem Handel, für die man nicht 1,99€, sondern 3,49€ Euro bezahlt hat, in den finanziellen Ruin stürzt.
Geht es ans Eingemachte, respektive um teure Unterhaltungselektronik, stelle ich sogar die radikale Behauptung in den Raum: Unser Wohlstand ist (mit)verantwortlich für die Armut in der Dritten Welt. Denn wer zahlt den wahren Preis für unsere bezahlbare Konsumgüterflut? Fast immer sind es die Arbeiter in Billiglohnländern, in denen leider viel zu häufig 'nicht so genau hingesehen wird'. Bricht man den Gedanken noch radikaler auf einen Nenner herunter, könnte man sogar sagen, dass unsere Smartphones andere Menschen in den Tod treiben (die Selbstmorde der Arbeiter aus Apple-Zulieferer-Firmen sind bekannt). Leider gibt es noch keine Fairtrade-Kampagne für Elektrogeräte (wieso eigentlich nicht...?).
Ich denke an den Kollegen mit dem iPhone und komme zu dem Schluss: Die Frage aus der Überschrift ist grundsätzlich mit Ja zu beantworten. Dabei könnte alles so einfach sein, indem wir unsere (überhöhten) Ansprüche ein kleines bisschen herunterschrauben. Nehmen wir mal an, wir kaufen nicht das neuste Smartphone, sondern nutzen das alte, bis es (wirklich(!)) kaputt ist. Ich wage gar nicht auszurechnen, wie viele Gläser Fairtrade-Schokocreme dafür drin wären... In diesem Sinne: Guten Appetit! ;-)
Kommentar schreiben